Interview mit Scheeßeler Handballerin

Noch bis kurz vor Weihnachten bringt Lea Hanck Schulkindern in Ghana unter anderem den Handball näher. Im Interview spricht die Scheeßelerin über ihre Zeit vor Ort.

Scheeßel – Mit dem Nachwuchs des JH Wümme war Lea Hanck in den vergangenen Jahren in den Leistungsklassen des Handball-Verbandes Niedersachsen unterwegs. Diese Saison wäre für die Scheeßelerin die Erste bei den Landesklassen-Frauen des TuS Rotenburg gewesen. Doch der Name Hanck ist bisher noch nicht auf dem Spielbogen der Mannschaft von Trainer Jens Miesner aufgetaucht. Der Grund: Die Scheeßelerin ist seit September und noch bis Ende des Jahres für ein Schulprojekt in Ghana tätig. Im Februar steht bereits der nächste Auslandstrip an. Wohin es geht und was sie aktuell in dem westafrikanischen Küstenstaat erlebt, haben wir mit ihr besprochen.

Frau Hanck, wie sind Sie auf die Idee gekommen, einen Freiwilligendienst in Afrika zu absolvieren?

Dass ich nach dem Abitur ins Ausland gehen möchte, stand eigentlich schon lange fest. Ich habe mir dann eine Organisation gesucht und bin dabei auf das Schulprojekt in Ghana aufmerksam geworden.

Hatten Sie Ghana von Beginn an im Visier ?

Auf Ghana bin ich erst durch die Organisation gekommen. Da ich sehr gerne mit Kindern zusammenarbeite, war das Schulprojekt dort eigentlich genau das, was ich machen wollte. Ghana hat mich dann im Allgemeinen auch sehr angesprochen, weil ich gerne etwas Neues und Anderes kennenlernen wollte.

Wo genau leben Sie dort ?

Ich lebe in Kasoa in der Nähe von Accra, der Hauptstadt von Ghana. Viele Menschen denken, dass eine Weiße in so einem Gebiet nicht lebt. Kasoa befindet sich außerhalb von Accra und entspricht definitiv keinen europäischen Standards. Es gibt viele in ärmeren Verhältnissen lebenden Familien.

Was machen Sie genau?

Ich arbeite an einer Schule, die von Spenden finanziert wird. Meine Aufgabe besteht darin, den Lehrern zu helfen. Ich springe ein, wenn mal jemand krank ist, und kontrolliere Hausaufgaben. Lehrer bekommen hier nur wenig Geld. Die Kinder müssen den Schulbus und das Essen bezahlen. Das sind täglich fünf Cedi, was umgerechnet ungefähr 72 Cent wären. Trotzdem können manche Kinder nicht zur Schule kommen, weil sie nicht genug Geld haben.

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Wie erleben Sie die Situation in dem Land? Ist es so, wie Sie es sich vorgestellt haben?

Ich hatte keine Vorstellungen, da ich keine Erwartungen haben wollte. Ich hatte Afrika als Unterrichtsthema in der Schule, was mir im Nachhinein geholfen hat. Natürlich war es zunächst ein Kulturschock. Genauso wird es wohl einer sein, wenn ich wieder nach Hause komme. Anfangs war alles sehr faszinierend. Die Menschen leben zum Teil in sehr armen Verhältnissen und trotzdem sind sie so dankbar und hilfsbereit. Viele haben selber kaum etwas und würden trotzdem alles hergegeben. Die Bevölkerung ist liebevoll und fröhlich. Sie tanzen, singen und lachen sehr viel. Macht man Musik an, findet sofort eine kleine Party statt. Es ist wirklich sehr schön. Auf der anderen Seite ist es erschreckend, wie groß die Spaltung von Arm und Reich ist. Fährt man nach Accra, sieht man wunderschöne Häuser, Bars, Diskotheken, Einkaufszentren und noch viel mehr.

Nehmen Sie uns einmal mit – wie sieht ein Tag bei Ihnen aus ?

Morgens stehe ich ungefähr zur selben Zeit auf wie während meiner Schulzeit. Dann geht es 20 Minuten zu Fuß zur „Bushaltestelle“ und von dort zur Schule. Nach der Schule sind Aktivitäten geplant, wie Märkte erkunden, an den Strand gehen oder auch einfach nur normal einkaufen, da wir uns mittags selber verpflegen müssen. Am Wochenende erkunden wir das Land.

Gibt es Dinge, die Sie besonders überrascht oder vielleicht auch schockiert haben?

Es gab einige schöne Momente, etwa ein Ausflug zum Mole-Nationalpark, wo man Safaritouren machen kann. Oder auch einfach mal ein Filmabend. Wir haben keinen Fernseher und müssen Filme auf unserem Handy mit Datenvolumen herunterladen. Außerdem ist es immer schön zu sehen, wie die Kinderaugen strahlen, wenn man vorbeikommt oder auch mal die ein oder andere Kleinigkeit dabei hat. Ein Highlight war auch das Verteilen der ersten Spenden. Wir haben für die ganze Schule Bücher gekauft, damit sie richtig lesen und auch lernen können. Ich habe aber auch viel Armut und Müll gesehen. Überall liegt Plastikmüll herum, der verbrannt wird, weil es kein Recycling gibt. Ich habe Strände gesehen, wo man kein Sand mehr gesehen hat, weil alles voller Müll lag.

Kommen wir einmal zu Ihrer Leidenschaft. Wie sieht es mit dem Handball in Ghana aus?

Handball ist in Ghana unbekannt. Die Kinder sind aber sehr neugierig auf etwas Neues. Ich habe Handbälle in der Schule verteilt. Die Kinder haben sich total gefreut und wollten es auch sofort lernen. Die Bälle werden in jeder Pause rausgeholt, was wirklich schön anzusehen ist.

Bald endet Ihre Zeit in Ghana. Gibt es Planungen für die Zeit danach?

Ich komme am 21. Dezember wieder, damit ich hoffentlich Weihnachten mit meiner Familie verbringen kann. Anfang Februar geht es dann weiter nach Kanada, wo ich auf einer Farm arbeiten werde. Wenn ich dann von meinem Auslandsjahr wiederkomme, werde ich wahrscheinlich Grundschullehramt studieren.